Das Meerwasseraquaristik-Fachmagazin KORALLE bietet jedem Meerwasseraquarianer eine Fülle interessanter, fundierter und modern gestalteter Beiträge. Es werden die unterschiedlichsten Aspekte behandelt: Aquarienpraxis, Haltung und Vermehrung einzelner Arten, biologische Hintergrundberichte, Aquarientechnik und -chemie, Neues aus der Wirtschaft, Buchmarkt, Reportagen und Reiseberichte, Interviews und vieles mehr; alles leicht verständlich, allgemein interessant und unterhaltsam. Die Zeitschrift erscheint zweimonatlich.

Steinkorallen bieten mit ihren Skeletten ideale
Voraussetzungen für die Fossilienbildung

Daniel Knop

Steinkorallen tun viel, um Taxonomen das Leben leicht zu machen: Sie erzeugen ein Skelett, das gattungstypisch ist und meist sogar Rückschlüsse auf die betreffende Spezies zulässt. Zudem verwenden sie dafür ein Material, das nahezu unverwüstlich ist und sich hervorragend zur Fossilienbildung eignet. Daher sind die Voraussetzungen für ihre Erforschung eigentlich hervorragend. Doch je mehr wir über Korallen wissen, umso klarer wird, wie wenig wir wissen.

Steinkorallen hinterlassen mit ihren Skeletten typische Strukturen, die zu Fossilien werden können und dadurch langfristig erhalten bleiben. Das ist ein großer Unterschied zu Weichkorallen, von denen in der Regel nicht mehr zurückbleibt als mikroskopisch kleine Kalksklerite, die nach dem Absterben der Koralle verdriften und Teil der feinen Bodensedimente werden. Dadurch wissen wir heute über die Entwicklungsgeschichte der Steinkorallen erheblich mehr als über die der Weichkorallen, und ihre Nomenklatur – die Liste ihrer wissenschaftlichen Namensbezeichnungen – ist weit präziser strukturiert als bei Weichkorallen. Selbst über die Scheibenanemonen der Ordnung Corallimorpharia, die den Steinkorallen sehr nahe stehen, wissen wir kaum etwas. Ihre Verwandtschaftsbeziehungen untereinander sind weitgehend unerforscht. Die Gattung Discosoma ist z. B. bis heute eine Art taxonomisches Sammelbecken für eine Vielzahl an Arten, die nicht wirklich miteinander verwandt sind und eigentlich voneinander abgetrennt werden müssten, um sie in eigenständige Gattungen zu stellen. Doch das gestaltete sich in der Vergangenheit stets schwierig, weil eindeutige und unveränderliche Merkmale fehlten, anhand derer sich die Abstammungslinien rekonstruieren ließen. Ähnliches gilt z. B. für Krustenanemonen der Ordnung Zoantharia, etwa die Gattung Palythoa.
Bei den Steinkorallen ist das anders, denn ihre Skelette stehen uns in Form von Fossilien zur Verfügung und geben einen vergleichsweise guten Überblick über ihre Entstehungsgeschichte. Trotzdem ist die Erforschung der Steinkorallen eine Geschichte der Irrtümer, und das hat mehrere Gründe.
Um dies zu verstehen, müssen wir versuchen, uns in eine frühere Epoche zurückzuversetzen, in die Pionierzeit der Meeresbiologie, als man begann, die Welt der Korallenriffe mit wissenschaftlichen Methoden zu erforschen. Es geht um die Phase der Aufklärung. Man schreibt das Jahr 1700, und überall in Europa und Nordamerika entstehen Bemühungen, durch rationales Denken Fortschritt zu erreichen. Das wirkt sich auch auf die Wahrnehmung der Natur aus und wird im Lauf der folgenden 200 Jahre eine radikale Umwälzung nach sich ziehen. Doch die technischen Möglichkeiten sind noch vergleichsweise bescheiden, und das Weltbild ist vollständig vom Schöpfungsmythos geprägt, der auch allmählich beginnende Vorstellungen von der Veränderlichkeit der Arten radikal blockiert. 
Das Tauchen, wie wir es heute kennen, ist noch längst nicht möglich, und so können Naturforscher jener Zeit lebende Korallen stets nur (...)

Den vollständigen Artikel finden Sie in Ausgabe 130