Das Meerwasseraquaristik-Fachmagazin KORALLE bietet jedem Meerwasseraquarianer eine Fülle interessanter, fundierter und modern gestalteter Beiträge. Es werden die unterschiedlichsten Aspekte behandelt: Aquarienpraxis, Haltung und Vermehrung einzelner Arten, biologische Hintergrundberichte, Aquarientechnik und -chemie, Neues aus der Wirtschaft, Buchmarkt, Reportagen und Reiseberichte, Interviews und vieles mehr; alles leicht verständlich, allgemein interessant und unterhaltsam. Die Zeitschrift erscheint zweimonatlich.

2-2a_aquarienportraet57Aquarium Stephan Otto

Mein Rezept für ein gut funktionierendes Meerwasseraquarium lautet: gewissenhafte Pflege, optimale Beleuchtung, starke Abschäumung, ausgewogene Strömung und ein angepasster Fischbesatz. Und immer daran denken: Das Auge und die Hand des Pflegers machen den Erfolg!

 

Kindertage
Mit Mutters Nylonstrumpf begann meine Leidenschaft für Aquarien und die wundervollen Tiere, die man darin beobachten kann. Schon als Schuljunge übte Wasser eine magische Anziehungskraft auf mich aus, und im glasklaren Mühlteich gab es damals Elritzen im Überfluss – was lag da näher, als aus besagtem Beinkleid einen Kescher zu basteln, um damit Fischen nachzustellen? Ein großes Gurkenglas, eingerichtet mit nur etwas Sand und wenigen Stängeln Wasserpest, musste als erstes Aquarium herhalten.

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Wirklich pflegeleicht war dieses Gurkenglas-Aquarium allerdings nicht, und so zogen die Elritzen in den Gartenteich um. Auch einige Molche kamen auf diese Weise in unseren Garten. Nun erkannten wohl auch meine Eltern mein großes Interesse für die Unterwasserwelt und erfüllten meinen Wunsch nach einem tropischen Süßwasseraquarium. Ein 10 l fassendes Vollglasaquarium schmückte nun die elterliche Blumenbank und wurde von zwei Pärchen Guppys bewohnt. Zu Weihnachten folgte dann ein Rahmenbecken mit 150 l Inhalt. Im Lauf der Jahre wurden die Aquarien größer und immer mehr. Mit 13 Jahren verbrachte ich den ersten Urlaub an der Ostsee, und die Faszination, die damals durch die Weite des Meeres in mir ausgelöst wurde, ließ mich nicht wieder los. Mit Taucherbrille und Schnorchel wurde die Unterwasserwelt in Strandnähe erkundet.

2-2c_aquarienportraet57DDR-Aquaristik
Meerwasseraquaristik führte in der DDR leider ein Schattendasein. Nur mit großem Aufwand waren kleine Erfolge möglich. Salzmischungen waren nicht wie heute käuflich zu erwerben, sondern mussten selbst hergestellt werden – das war mühsam, und die Ergebnisse waren nicht immer zufriedenstellend. Notgedrungen widmete ich mich daher der Süßwasseraquaristik und baute mir eine Zuchtanlage mit rund 3.000 l Volumen auf. Manche Süßwasserfische, speziell Malawibuntbarsche und Diskusfische, ähneln den farbenprächtigen Korallenfischen ja durchaus. Aber auch das spannende Brutpflegeverhalten verschiedener Apistogramma-Arten zog mich in seinen Bann.

Neue Horizonte
Im Oktober 1989 kam die Freiheit und damit auch die Möglichkeit, in die Meerwasseraquaristik einzusteigen. Die Süßwasseraquarien wurden aufgelöst, und aus dem
Erlös der zu Wendezeiten in den Westen geschmuggelten Apistogramma- und Malawibarsch-Nachzuchten schaffte ich mir das erste Buch über Meerwasseraquaristik an. Dann führte der erste Urlaub ans Mittelmeer, und endlich wurden meine Träume wahr: Dort konnte ich tauchen und Eindrücke sammeln, die ich zu Hause in Form meines ersten Meerwasseraquariums (200 l) verarbeitete. Beim örtlichen Tauchverein machte ich eine Ausbildung zum Sporttaucher, und es folgten unzählige Tauchgänge bei Reisen ans Mittelmeer und ans Rote Meer. Regelrecht berauschend wirkte die unfassbare Schönheit der Korallenriffe auf mich.

Kein Ende in Sicht!
Mein kleines Meerwasseraquarium wurde mir bald zu klein, und Stück für Stück entstand eine ganze Aquarienanlage: Das Hauptbecken, es fasst 600 l Wasser, steht im Wohnzimmer und ist von zweieinhalb Seiten einsehbar. Im Nebenraum befinden sich weitere Aquarien, die Nachzuchten von Pterapogon kauderni, Seepferdchen, Korallennachzuchten sowie die Aquarientechnik beherbergen.

2-2d_aquarienportraet57Erfolgsrezept
Alle Aquarien sind miteinander verbunden. Die Abschäumung übernehmen zwei selbst gebaute Gegenstromabschäumer, die für eine sehr schonende, aber effektive Wasseraufbereitung sorgen. Um optimale Wasserparameter für kleinpolypige Steinkorallen einstellen zu können, ist im Filtersumpf ein kleiner Topffilter mit Zeolith und Aktivkohle installiert. Weitere Filtertechnik ist bei mir weder vorhanden noch notwendig. Darüber hinaus werden regelmäßig Bakterien zugegeben sowie Futter, um diese zu ernähren. Auf die Dosierung von Spurenelementen verzichte ich hingegen ganz; die von den Korallen verbrauchten Elemente werden mit einem großzügigen wöchentlichen Teilwasserwechsel und mit Hilfe eines Kalkreaktors wieder zugeführt.

Oft werde ich gefragt, was ich dem Wasser zugebe, damit meine Korallen so gut gedeihen. „Weniger ist mehr!“, antworte ich dann. Auch auf Bodengrund verzichte ich nahezu ganz: Der Aquarienboden ist nur mit einer dünnen Schicht Aragonitsand bedeckt. Der Steinaufbau steht auf Plastikrippen, die von unten beströmt werden. Wer schon einmal ein altes Aquarium ausgeräumt hat, weiß, was sich andernfalls unter der Dekoration an organischem Abfall ansammeln kann – hier von tickenden Zeitbomben zu sprechen, ist gewiss nicht untertrieben.

Fazit
Mein Rezept für ein gut funktionierendes Meerwasseraquarium lautet: gewissenhafte Pflege, optimale Beleuchtung, starke Abschäumung, ausgewogene Strömung und ein angepasster Fischbesatz. Und immer daran denken: Das Auge und die Hand des Pflegers machen den Erfolg!

Stephan R. Otto

Artikel KORALLE 57: 54–56