Das Meerwasseraquaristik-Fachmagazin KORALLE bietet jedem Meerwasseraquarianer eine Fülle interessanter, fundierter und modern gestalteter Beiträge. Es werden die unterschiedlichsten Aspekte behandelt: Aquarienpraxis, Haltung und Vermehrung einzelner Arten, biologische Hintergrundberichte, Aquarientechnik und -chemie, Neues aus der Wirtschaft, Buchmarkt, Reportagen und Reiseberichte, Interviews und vieles mehr; alles leicht verständlich, allgemein interessant und unterhaltsam. Die Zeitschrift erscheint zweimonatlich.

von Eric J. Cassiano, Übersetzung aus dem Englischen (DK)

Als mit der Welt-Erstnachzucht des gelben Hawaii-Doktorfischs vor rund einem Jahr eine Schallmauer durchbrochen wurde, ließ sich bereits absehen, dass mit dem erweiterten Wissen bald auch andere Doktorfisch-Arten züchtbar würden. Der Palettendoktorfisch machte nun den Anfang.

Kevin Barden entspannte sich im Sitz des Langstreckenfliegers, der ihn zurück nach Florida brachte, und ließ all die Erlebnisse Revue passieren, die er in den vergangenen Tagen in Hawaii gehabt hatte. Neben einer Mischung aus Übermüdung und Enthusiasmus spürte er eine schwer erklärbare Zuversicht: Nach jahrelangen Versuchen und Fehlschlägen hatte er nun die Hoffnung, dass die Nachzucht des Palettendoktorfischs endlich gelingen würde.

Als Biologe forscht Kevin Barden im Tropical Aquaculture Laboratory (TAL) der University of Florida, die sich mit wissenschaftlicher Arbeit und Fortbildungsprogrammen darum bemüht, das Verständnis über tropische Aquarienfische zu verbessern, und dazu zählt auch die erfolgreiche Nachzucht weiterer Arten. Im Jahr 2010 hatte man im TAL begonnen, gemeinsam mit der Organisation „Rising Tide Conservation“ eine Reihe mariner Aquarienfisch-Spezies auf ihr Nachzuchtpotenzial hin zu untersuchen, und eine dieser Arten war der Palettendoktor (Paracanthurus hepatus), inzwischen auch bekannt als „Dorie“. Kevin Barden wurde als Teil eines Teams angeheuert, daran zu arbeiten, gemeinsam mit Matt DiMaggio, Shane Ramee, Craig Watson, Roy Yanong und mir.

 

Frühe Fundamente

Im Sommer 2012 erhielten wir die ersten Palettendoktorfische als Brutstock. In den folgenden vier Jahren erarbeiteten wir uns das Ablaichen, den Larvenschlupf und die Fütterung, doch wie wir es auch anstellten, die Larven starben stets vor der Metamorphose zum Palettendoktorfisch. Im Spätjahr 2015 hatte dann Chad Callan mit seinem Team am Oceanic Institute (OI) der Hawaii Pacific University Erfolg mit dem Gelben Hawaii-Doktorfisch (Zebrasoma flavescens) – KORALLE berichtete darüber (Callan 2016). Das machte uns Hoffnung. Als Mitglieder der Organisation „Rising Tide Conservation“ hatten wir uns mit Chad und seinen Mitstreitern oft telefonisch ausgetauscht und uns gegenseitig über Fortschritte und Fehlschläge informiert. Aber der Informationsaustausch per Telefon hat so seine Tücken, denn Details, die dem einen belanglos erscheinen, können für den anderen enorm wichtig sein. Craig fand, dass wir eine Reise nach Hawaii unternehmen sollten, um persönlich zu erleben, wie das Team vom Oceanic Institute vorging, denn wir hofften, von seinen erfolgreichen Strategien lernen zu können. Und Kevin Barden wurde mit dieser Aufgabe betraut.

Vor dem Zebrasoma-flavescens-Erfolg in Hawaii und Kevins „Bildungsreise“ auf diese Insel lag das Höchstalter unserer Larven bei 24 Tagen nach dem Schlupf (days post hatch, dph); wir waren vom Erfolg also noch weit entfernt. Wir berichteten darüber auch hier in KORALLE (Wittenrich 2013). Kurz vor der Hawaii-Reise war die Überlebensdauer sogar noch kürzer (10 dph), und wir alle fühlten uns ziemlich frustriert. In vielerlei Hinsicht hatten wir den Eindruck, uns rückwärts zu bewegen, ganz ähnlich wie die Kollegen in Hawaii, bevor sie letztlich auf ihre „Goldader“ stießen. Darum überlegte Kevin Barden auf der langen Heimreise fieberhaft, was wir ändern müssten, um dem Hawaii-Erfolg gleichzukommen.

Im Telegrammstil lesen sich die Unterschiede zwischen der Hawaii-Strategie und unserer Vorgehensweise recht simpel: In Hawaii verwendeten sie weitaus größere Larven-Aufzuchtbecken (1.000 l statt 210 l), reichten viel mehr Lebendfutter und führten erheblich größere Teilwasserwechsel durch. Also war klar, was wir ändern wollten.

Es dauerte mehrere Monate, bis die bestellten größeren Larvenbecken bei uns angeliefert waren, wir sie installiert hatten und das System damit auch wieder stabil lief. Außerdem mussten wir natürlich unsere Lebendfutterproduktion so weit steigern, dass wir jederzeit genug hatten, um damit in den größeren Larvenbecken die nötige Futterdichte zu erzeugen. 

 

Den vollständigen Artikel finden Sie in Ausgabe 102