
Dr. Dieter Brockmann
Die experimentelle Nachzucht von Meerestieren ist die eine Seite, ihre Umsetzung in Produktionsgrößen, wie wir sie in der Meeresaquaristik weltweit benötigen, die andere. Wir stellen zwei Zuchtbetriebe vor, die diesen mühsamen und aufwendigen Weg erfolgreich beschritten haben.
Regelmäßig berichten wir in der KORALLE über Nachzuchten, sowohl von Fischen als auch von Korallen. Erstnachzuchten waren und sind dabei immer ein zentrales Thema, insbesondere wenn sie für die Riffaquaristik von großer Bedeutung sind. Beispiele hierfür sind der Hawaii-Doktorfisch (Zebrasoma flavescens; Callan 2016) oder der Paletten-Doktorfisch (Paracanthurus hepatus; Cassiano 2016).
Die erwähnten Zuchtberichte konzentrierten sich mehr oder weniger auf die Nachzuchtprotokolle und -techniken zu in der Regel einer einzigen Art. Ökonomische Aspekte traten, wenn sie überhaupt angesprochen wurden, in den Hintergrund. Wenn Sie es so wollen, ist dies jedoch eine eindimensionale Betrachtungsweise. Denn Fragen wie „wie viele Individuen einer Art muss ich nachzüchten, um wirtschaftlich überleben zu können?“, „wie viele unterschiedliche Arten sind hierfür notwendig?“ oder auch „wie schnell kann ich auf Trends im Markt reagieren?“ wurden nicht beantwortet. Mit anderen Worten, die Nachzuchtberichte wurden aus Sicht der beteiligten Wissenschaftler für den Aquarianer geschrieben und nicht aus Sicht einer Fisch- und Korallenfarm mit allen wirtschaftlichen Aspekten, die für ein dauerhaftes Überleben notwendig sind.
Es ist daher an der Zeit, entsprechende Betriebe einmal zu Wort kommen zu lassen, um die ganze Wertschöpfungskette zu verstehen. Es ist KORALLE gelungen, für dieses Thema einen Großbetrieb, De Jong Marinelife aus den Niederlanden, und ein Start-up, SciReef, Wilhelmshaven, zu gewinnen.
De Jong Marinelife ist sicherlich den meisten Meerwasseraquarianern bekannt als einer der größten Importeure von Meeresfischen und Wirbellosen weltweit. Wenn Sie in ein Aquaristikgeschäft gehen und Fische kaufen wollen, können Sie davon ausgehen, dass ein Großteil davon seinen Weg über die Niederlande genommen hat. Aber was bewegt ein so erfolgreiches Unternehmen dazu, in Zukunft immer mehr auf Nachzuchten, auch aus dem eigenen Haus, zu setzen, was ja doch eine große finanzielle Herausforderung und Investition bedeutet und zudem risikobehaftet ist. Antworten hierzu finden Sie in dem Interview, das KORALLE mit Tom Verhoeven, Leiter der Abteilung Aquaculture & Science von De Jong Marinelife, geführt hat (siehe Seite 26).