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1doktorfische_reefmixDer Gelbe Doktorfisch (Zebrasoma flavescens) bereitet der Aquakultur-Industrie großes Kopfzerbrechen. Er gehört zu den gefragtesten marinen Zierfischen, aber da er ausschließlich um Hawaii vorkommt, sind seine natürlichen Bestände durch den Fang und Export wilder Exemplare gefährdet.

Diese Tiere in Aquakultur vermehren zu können, würde daher nicht nur dem Naturschutz dienen, sondern wäre gewiss auch wirtschaftlich sehr lukrativ. Nur leider gehört Zebrasoma flavescens zu den am schwierigsten aufzuziehenden marinen Spezies überhaupt, weshalb sich Experten auf der ganzen Welt an seiner Vermehrung bislang die Zähne ausbeißen.

Es besteht aber Grund zur Hoffnung: Wissenschaftler vom „Center for Tropical and Subtropical Aquaculture“ (CTSA) auf Hawaii machen derzeit große Fortschritte bei ihren Versuchen mit Larven des Gelben Doktorfisches. Bislang gelang es zwar nur, diese 14 Tage lang aufzuziehen – doch weil sich die Larven in dieser Zeit gut entwickeln (und nicht bloß „überleben“), könnte der endgültige Durchbruch bald gelingen.

Die Nachzucht von Zebrasoma flavescens ist aus gleich mehreren Gründen eine große Herausforderung:

Zwar können Gelbe Doktorfische in Menschenhand durchaus zum Laichen gebracht werden, doch oft werden die Eier nicht befruchtet. Diese Hürde konnten die Biologen auf Hawaii jedoch rasch überwinden. Kritisch ist aber, dass die bereits 21–22 Stunden nach der Befruchtung schlüpfenden Larven noch winziger als jene von Zwerkaiserfischen (Centropyge spp.) und extrem empfindlich sind.

Den ersten Lebenstag verbringen die Doktorfischlarven an der Wasseroberfläche und begeben sich erst am folgenden Tag hinab in die Wassersäule. Zu diesem Zeitpunkt entwickeln sich auch Maul und Augen – zuvor handelt es sich um sogenannte „Prolarven“, die noch über praktisch keinerlei Organe verfügen. Der Umgang mit den Larven während der ersten Lebenstage ist schwierig, da sie sehr anfällig auf physikalisches Einwirken reagieren. Die zerbrechlichen Tierchen werden sogar von leichter Luftzufuhr im Aufzuchtbecken verletzt – ohne diese ist es allerdings ebenso unmöglich, eine adäquate Wasserqualität aufrecht zu erhalten. Mit viel Entwicklungsarbeit ist es den Meeresbiologen vom CTSA aber gelungen, permanent sauberes Frischwasser zuzuführen, ohne dabei Turbulenz im Aufzuchtbecken zu erzeugen.

Ab ihrem dritten Lebenstag können die winzigen Larven Nahrung aufnehmen – aber welches Plankton ist als Aufzuchtfutter geeignet?

2doktorfische_reefmixFür Aquakultur-Experten besteht kein Zweifel daran, dass nur die selbst nicht einfach zu vermehrenden Ruderfuß-Krebschen (Copepoden) infrage kommen, mit denen auch der Durchbruch bei der Aufzucht von Zwergkaiserfischen (Centropyge spp.) gelang. Aber die möglicherweise einzige wirklich geeignete Art unter den vielen hundert Spezies dieser mikroskopisch kleinen Krustentiere zu finden, ist wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Möglicherweise haben die Wissenschaftler auf Hawaii mit Parvocalanus aber immerhin schon die richtige Gattung gefunden – denn dieses Zooplankton wird von den Dokorfischlarven akzeptiert und kann auch von ihnen verwertet werden.

Leider ist der Nachwuchs von Zebrasoma flavescens so sensibel, dass seine Entwicklung nicht nur vom richtigen Futter, sondern auch von diversen Umweltbedingungen abhängt – winzige Veränderungen, z. B. der Beleuchtung, können zu einem totalen Misserfolg führen. Andererseits müssen die Forscher aber weiter experimentieren und auch Rückschläge riskieren, um irgendwann über den bisherigen Teilerfolg hinauszukommen, die Jungtiere 14 Tage lang aufwachsen zu lassen.

Ich drücke jedenfalls die Daumen, dass die hartnäckige Arbeit dieser Wissenschaftler Früchte tragen wird, damit auf Wildfänge von Gelben Doktorfischen hoffentlich schon in wenigen Jahren verzichtet werden kann!

Inken Krause

Quellen:

OLIVOTTO, I. et al. (2011), Advances in Breeding and Rearing Marine Ornamentals. Journal of the World Aquaculture Society, 42: 135–166.
LAIDLEY, C. W. et al. (2011): Development of Captive Culture Technology for the Yellow Tang (Zebrasoma flavescens).

Bildnachweis:
Gelbe Doktorfische (Larven): Center for Tropical and Subtropical Aquaculture (CTSA), Hawaii
Gelber Doktorfisch (adult): I. Krause